DAS WOLFAUSLASSEN

 

 

Wo hat dieser Brauch seinen Ursprung?
Die Hirten haben früher den Kühen Glocken um den Hals geschnallt,

um die Bären und Wölfe durch das "Gescheppere" von der Weide fernzuhalten

und um verlorene Tiere auf den Schachten (=Weideflächen im Hochwald) leichter wieder zu finden

(für den letzteren Zweck werden vereinzelt auch heute noch Kuhglocken verwendet),

außerdem hat der Hirte von Zeit zu Zeit mit seiner "Goaßl" geschnalzen,

um die Raubtiere damit abzuschrecken. Im Spätherbst wurden die Kühe in die Stallungen getrieben.

In dieser Zeit haben sich dann die Bauern und Knechte der einzelnen Höfe die Kuhglocken selbst umgeschnallt und kräftig geläutet, um zum einen die Wölfe und Bären vom Bauernhof fernzuhalten

und zum anderen haben sie dadurch ihre Freude über eine gelungene Ernte

und den verlustlosen Weideaufenthalt der Kühe zum Ausdruck gebracht.
In der Frühzeit des Wolfauslassens könnte dies auch noch der Dämonenabwehr gegolten haben,

weil sich der Glaube an die Finsteren Mächte in den riesigen Waldgebieten des Bayerischen Waldes, sehr lange gehalten hat.

 

 

 Stierhüter auf dem Hochzellschachten

im Hochwald über Bodenmais.

 

 

 

Das eigentliche Wolfauslassen
An jedem 10. November treffen sich die zwischenzeitlich fünf Bodenmaiser "Wölfe"

(die 1. Bodenmaiser Wolfauslasser, die Heuern , Federla , die Unterdorfa und die Hewerla)

in verschiedenen Ortsteilen der Gemeinde. Die jungen Burschen, ältere Männer und seit ein paar Jahren auch einige Mädchen schnallen sich am vereinbarten Treffpunkt ihre Glocken um und stellen sich in 3er, 4er oder sogar 5er Reihen auf.
Der Hirte, Anführer der Gruppe, steht mit seinem kunstvoll verzierten Hirtenstecken an der Spitze des "Wolfes". Mit dem Schrei "Buam seid's olle do?" - (Wolf antwortet laut "Ja"), "Geht koana mehr o?" - ("Na"),

"Dann riegelt's enk", geht es los.
Die Wolfauslasser beugen sich vor und schütteln ihre Glocken schnell hin und her (= riegeln) bis der Hirte seinen Stock hebt und damit den Takt für das Geläut angibt.
Der Wolf marschiert dann hinter seinem Hirten von Haus zu Haus. Vor jeder Haustür wird dann kräftig geläutet, bis der Hausherr die Tür öffnet. Dann hebt der Hirte seinen Stock und gibt damit den Befehl zum Aufhören des Geläutes. Jeder muss jetzt ganz still sein, denn der Hirte sagt nun seinen Hirtenspruch auf.

 

Hirterspruch
Aizd kimd da Hiad mid sana Giad und hod des Johr mid fräd ausghiad.  25-26 Wocha is a lange Zäd, 

hodse da Hiada scho lang af Madine gfräd.

Sogdma owai da Haida wa a fäua Kal,

kand kam ojschäßn iwa sane Wal.

Da Haida mua eu im Renga und Wind

bis eam da Dreg iwan Orsch oi rind.

Ea mua springa iwa Disdl und Dern dasa ofd ganz naresch kand wean.

Kimmda Hoam, schada ene ind Rean, 

segda nix  as a kiesblaue Supm und ohbrende Eapfe,

wos soi des wean?!

Sogda ebs vo an besan Essn, haudn Bairin ene in Fressn. 

Sogda ebs vo an drugan Ko, redn da Bar zam afs Lo.

Barn san a rechde Schwanz, kinand koa Luga vozähn und wen ea a Rindl ene kimd kinans denasd rechd grähn.

So vai Kay, so vai Schlai, so vai Oxn, Sdiarl und anas Gschwoif

hod da Baua Schof und Gois.

Doch fraidig heama Schlisal glinga und an Bar ins Kammal springa

und an 20ga asa bring.

A 20ga is no lang ned gnua,

gheadse fia an jedn no a gschäde Broazäd dazua.

Midn Messa daschdocha midn Schlegl dahad,

dase moang afd Nochd koa Woif mea drad.

Drum haue Gard ene am Disch

dasds wisds das Hed und Moang Madine is.

Buam hads oizamd do... Jo. Gaid koana mea o... Dan riegls eng.

 

 

 


Wenn sich der Wolf dann wieder riegelt, drückt der Hausherr dem Hirten ein Geldstück oder einen Geldschein in die Hand und stellt auch mal einen Kasten Bier oder eine Runde Schnaps für den immer durstigen "Wolf" bereit.
Der Hirte bedankt sich und lässt den "Wolf" nochmals kräftig läuten, dann geht es weiter zum nächsten Haus oder Hof.......

dazwischen zeigen immer wieder die Goaßlschnoizer ihr Können und schicken Knallkonzerte durch die Spätherbstnacht.
Nachdem so ein Teil des Dorfes abgegangen wurde und die Geldbörse des "Wolfes" voll ist, kehrt man zur Unterkunft zurück oder kehrt in eines der örtlichen Wirtshäuser ein, zu einer zünftigen Brotzeit und einer oder ???? Maß Bier.
So wird bis in die frühen Morgenstunden der Wolf für den kommenden großen Tag der Wolfauslasser angemeldet. Sicher ist, dass alle erschöpft und abgekämpft irgendwann ins Bett fallen und sich auf den nächsten Tag freuen.

 

 

 

Am 11. November wird dann der noch verbliebene Teil des Dorfes vom "Wolf" besucht.

Um etwa 22 Uhr treffen sich die "Wölfe" der Gemeinde an der sogenannten "Kuhbrücke" zum Läuten. Hier versuchen die einzelnen "Wölfe" jeden der anderen durch lang anhaltendes Läuten zu übertreffen. Die Hüter des jeweiligen "Wolfes" spornen ihre Leute zu immer größeren Höchstleistungen an.

Zum Schluss sind sich jedoch alle einig und mit einem gemeinsamen Läuten der "Wölfe" wird der Auftritt auf der Kuhbrücke" abgeschlossen. Anschließend geht es wie am Tag zuvor wieder zur Unterkunft zurück, zu einem zünftigen Ausklang des "Wolfauslassens".

Jeder der einmal mit dabei war, freut sich jetzt schon wieder auf das nächste Martini.

 

 

 Viehabtrieb 1998 in Bodenmais / Kuhbrücke

 

Viehabtrieb 2015


Weitere Hiartasprüche

Es kommt der Hirt mit seiner Girt

und hat das Jahr mit Freuden ausghirt.

jetzt hob i ghirt 25 bis 26 Wocha,

is gwiß a laange Zeit,

hot si da Hiarter scho lang af Martini gfreit.

 

So vej Küah, so vej Schlehj,

So vej Bockerl und Betzerl,

So vej Hosn und Zepferl,

So vej Krowittbierl und Ochsen und Stierl

So vej Hoawutzel und Kaiwistutzl.

 

Da Hiarter muß außi bei Renga und Wind,

daß eam´s Wasser übern Asch abirinnt.

Da Hiarter muaß renna durch Distln und Dern

das er oft ganz narrisch kannt wern.

Der Hiarter muaß treiben durch oaniga Lucka,

daß oa Rindl vieh´s ander möcht da drucka.

 

Wenn oan Rindl Vieh ebbs passiert,

soll da Hiarter Schuld ham,

wenn er glei nix dafür kann.

Hab oft scho a Rindl Vieh gschlong,

daß si der Stecka hat bong.

 

Wenn er Hoam kimmt, steht a kisblaue Suppn in der Röhrn,

möcht er dö nöt begehrn.

Fragt er nach ar am bessern Essen, haut in d´Bäuerin ei in d´Fressen,

fragt er nach an druckam Koh,

rennt´n der Bauer zamm aufs Loh.

 

 

Spruch aus Böbrach

von Familie Geiger/Silberbauer

 


„Kimmt da Hirt mit seiner Giart;
hod des Johr mid Freid ausghiart;
27 bis 28 Wocha is a lange Zeit;
hana me scha sakrisch af Martini g’freid;
bine g’sprunga über Distln und Dorn;
hods me scha sakrisch ind Zehan gfroan ;
kime hoam, steht a griachal blaue Suppm am Disch;
sogtda wos von am bessan Essen;
haud da Bairin oane ei in’d Fressn;
sogt da wos vo am druckan Ko;
haut na da Bauer oane afe afs Loh;
Geh Bairin mogst ned schnai einespringa,
und a Zwiemakl asabringa,
geh, a Zwiemakl is na ned gnua,
duast na a Sackl Epfe dazua,
Drum haue heid mein Stock am Disch,
dasts wissts das heid Martini is!“


„Iatz kimmt da Hirt mit seina Girt;
er hod des Johr scho fleißig ausghirt.
Iatz werns scho boid 27 Wocha,
möcht ma aa scho boid Feierabnd mocha.
27 Wocha is a lange Zeit,
ham uns scho lang auf Martini gfreid.
Da Hirt muaß renna durch Regn und durch Wind,
dass eams Wassa üban Oasch obarinnt.
Da Hirt muaß renna durch Distln und Dearn,
dass er narrisch möcht wern.
Wenn er hoamkimmt hot er a kearbraune Suppn in da Rean,
de muaß er se aa no begehrn.
Wenn er ebbs sogt um a druggas Koh,
hauns eam oane auffe aufs Loh.
De Bauern, de Schlanklern, wolln koa Wies und koa Reu eizäun,
wenn eana a Stückl eikimmt möchtns aa no a weng krain.
Mitm Messer dastocha, mitm Sack dahaut,
is aaf Martini an Hirta sei Brauch.

Iatz wird da Bauer in d'Kammer springa,
wird an Zwanzga aussabringa.
Mit am Zwanzga ham ma ned gnua,
möcht ma no a schwarz Stückl Brot dazua!"


Eitz kimmt da Hirt mit sana Girt (Gerte).
Er hod s'ganz Jahr mit Freid ausghüat.
25 bis 26 Wocha, is gwis a lange Zeit,
drum hod se da Hirta auf Martini gfreit.
Da Hirta muaß springa über Distl und Dern (Dornen),
dass er oft ganz narrisch kannt wern.
Wenn er wos sogt von an bessern Essn,
haut'n d’Bäuerin eine in d’Fressn (Gesicht).
Wenn er wos sogt von an druckan Ko (Mehlspeise),
haut eahm d’Bäuerin oane eine ins Lo’ (Schlag auf den Hintern).

Eitz hör i Schlüssln klinga,
wird da Bauer ins Kammerl springa,
und an Zwanzga aussabringa.
A Zwanzga is uns no ned gnua,
ghört no a Tragl Bier dazua.
Mitt'n Messer dastocha, mitt'n Schlegl dahaut,
auf das se koa Woif mehr traut.
Eitz owa schlog i d’Gart eine aufn Tisch,
dass wißt’s dass morgn (heid und morgn) Martini is!

 


Hiataspruch für Christian

Aitz kimmt da Hirt mit seiner Girt,

mit de Heuern eant vom Rosserer Wirt.

 

Der Christian werkt Johr um Joht scho allwei,

das mia af Martine sand do a dabei.

 

Eam is koa Peterbaar ned z´Grouß,

und d´Hewal nimmt a am Schouß.

 

An Christian mecht ma sche danga heit,

und zum Gsund wean is dann a ned weit.

 

Mia gfrein uns alle heit recht scho,

wenn da Christian wieda Heita ko.

 

Drum hau ma d´Gat eine am Tisch,

dasd woast d´Heuern nur mit Dir san Gwis.

 

Buam seits...

 

 

 

von Schreil Wolfgang

am 11.11.2009